Interview mit Voltfang

2nd Life für Elektroauto-Batterien. Nicht nur reines Wachstum, sondern auch einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Welt leisten. Das ist die Maxime von dem Team von Roman, Afshin und David. Gemeinsam haben sie die Hausspeicherlösung Voltfang entwickelt, deren Technologie auf der Weiternutzung von Elektroautobatterien basiert. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Wiederverwendung alter Batterien und zur Ressourceneinsparung, da keine neuen Rohstoffe für die Hausspeicher gewonnen werden müssen. Das Team tüftelt aktuell noch in Nordrhein-Westfalen. Ein Umzug in die Metropolregion Berlin steht aber fest auf der To Do. Wir haben mit Roman über ihr Produkt, die nächsten Schritte und Wünsche gesprochen.

Hallo Roman, schön, dass wir uns heute digital zusammengefunden haben! Letzte Woche standet ihr noch auf der Bühne der Abschlussprämierung des BPW 2020. Ihr habt den 5. Platz von mehr als 120 Einreichungen geholt. Dazu erstmal herzlichen Glückwunsch! Seid ihr gut wieder zurück ins Büro gekommen?

Roman: Genau, hat alles gut geklappt.

 

Ihr habt eine Hausspeicher-Komplettlösung für Privathaushalte entwickelt, die alte Elektroauto-Batterien wiederverwendet. Kannst du mir noch ein bisschen mehr zu eurem Produkt erzählen?

Roman: Erstmal allgemein, was ist ein Hausspeicher? In Deutschland ist der normale Use-Case von Hausspeichern für Photovoltaikanlagen-Besitzer*innen, die relativ viel Strom produzieren. Den überschüssigen Strom müssen sie für wenig Geld an den Netzbetreiber verkaufen. Und abends braucht man dann selbst wieder Strom. Daraus ergibt sich eine Differenz. Sie müssen den Strom teurer wieder kaufen. Deshalb macht es Sinn, dass man den Strom tagsüber speichert. Und dafür sind Hausspeicher da. Die gibt es auch schon auf dem Markt. Es gibt schon eine relativ große Anzahl an verschiedenen Hausspeichern. Aber diese sind noch sehr teuer. Entsprechend ist die Amortisationsdauer lang. Da kommen wir ins Spiel. Wir benutzen keine neuen Batterien, die aufwendig irgendwo produziert werden. Sondern wir nutzen gebrauchte Batterien von Elektrofahrzeugen. Bei den Batterien von Elektrofahrzeugen ist es so, dass diese meist mit 90 % oder 80 % Restkapazität aussortiert werden. Oder auch wenn das Auto einen Unfall hatte. Diese Batterien haben meist eine noch höhere Restkapazität. Diese Batterien können wir perfekt für den Second Life Use-Case benutzen. Die Energiedichte der Batterie ist bei einem Hausspeicher nicht so entscheidend. Ob man nun zwei oder drei Batteriemodule in den Keller stellt, ist rein vom Platz her gesehen nicht so relevant. Beim Auto macht das natürlich einen deutlichen Unterschied.

 

Wie weit seid ihr denn gerade in der Entwicklung des Produkts? Habt ihr schon ein Prototyp, seid ihr schon in der Marktreife?

Roman: Wir haben aktuell ein Prototyp fertig. Der ist seit drei Monaten schon am Netz und liefert uns Daten, mit denen wir den Hausspeicher noch optimieren können. Der Prototyp hat aber noch keinen Brandschutz oder Zertifizierungen. Das steht als Nächstes an. Wir stehen jetzt gerade an der Schwelle, dass wir zum TÜV gehen und die ganzen Zertifizierungsprozesse durchlaufen können. Dieser Prozess ist sehr zeit- und kostenintensiv.

 

Da klangen ja schon ein paar Herausforderungen heraus. Ihr seid aktuell in der Vorgründungsphase. Die Gründung ist im kommenden Jahr geplant. Was sind bei euch derzeit die größten Herausforderungen?

Roman: Bei uns sind die größten Herausforderungen einmal die Zertifizierung, diese steht jetzt als Nächstes an. Und damit verbunden auch die Investor*innensuche. Die Kosten würden unser privates Vermögen übersteigen. Daher ist das gerade für uns auch ein großes Thema. Die Investor*innensuche läuft aber eigentlich ganz gut. Es ist natürlich noch ein Hindernis, das wir aktuell überwinden müssen. Damit kommt auch ein bisschen unser nächster Standort mit ins Spiel. Wir erhoffen uns etwas bessere Fördermöglichkeiten mit dem Umzug. Ich schätze uns als sehr förderbar ein, da wir eine sehr grüne Idee verfolgen. Wir treffen den Nerv der Zeit mit dem Thema Recycling sehr gut. Öffentliche Förderung wäre für uns natürlich auch sehr interessant.

Voltfang kurz gefasst!

Team Voltfang

Die Leute müssen mitgenommen werden. Es müssen Produkte und Möglichkeiten geschaffen werden, die die Leute begeistern.

Roman von Voltfang

Damit hast du die perfekte Überleitung zum nächsten Thema geliefert: Momentan verfolgt ihr euer Projekt noch in Aachen. Ein Umzug in die Metropolregion von Berlin ist aber geplant. Warum möchtet ihr weggehen aus Aachen?

Roman: Dafür gibt es zwei Gründe. In der Region Berlin hat man natürlich ein anderes Umfeld als in Aachen. Das ist deutlich mehr Startup-geprägt und vielleicht auch ein bisschen mehr im Bereich Informatik. Das ist für uns sehr wichtig. Aachen ist sehr techmäßig geprägt, Berlin ist aber im Marketing und Informatik einfach ein bisschen weiter. Und es gibt dort einfach andere Fördermöglichkeiten, auch bessere Fördermöglichkeiten. Und für uns ist es privat auch ein Wunsch. Nach sieben Jahren Studium haben wir jetzt Lust auf was anderes und möchten in eine Großstadt ziehen. Wir wollen ein bisschen rumkommen.

 

Uns interessiert dabei natürlich auch, was für euch wichtige Faktoren sind, die einen Standort attraktiv machen. Was muss ein Standort oder eine Region euch bieten, gibt es Hard Facts, die für euch besonders relevant sind?

Roman: Für uns ist auch das universitäre Umfeld sehr wichtig. Momentan bekommen wir viel Rückendeckung von der RWTH Aachen. Wenn man in der Tech-Szene ist, muss man auf jeden Fall auch mit Universitäten zusammenarbeiten können. Auch das Umfeld ist wichtig. Nicht nur die Universität an sich, sondern auch das Interesse der Student*innen und Mitarbeiter*innen. Das gibt es in anderen Regionen, in denen es keine große technische Universität gibt, nicht so. Und das ist einer der Hauptgründe oder wichtigsten Faktoren für einen Standort.

 

Du hast es gerade schon einmal anklingen lassen, das Thema „öffentliche Förderung“. Gibt es noch weitere zentrale Unterstützungsangebote, z. B. ein Investor*innennetzwerk oder Coachingangebote, die ihr euch als Gründungsteam wünschen würdet und bei der Standortentscheidung mit reinspielen?

Roman: Da waren wir in Aachen auch schon ganz gut aufgehoben und haben hier in den letzten Jahren schon Förderungen erhalten. Zum Beispiel sind wir gerade in einem Inkubatoren-Programm, in dem man auch Unterstützung zu allen möglichen Themen bekommt und an Workshops teilnehmen kann. Das ist natürlich interessant und hilfreich. Für uns aber vor allem für die Anfangsphase, sagen wir, für das erste Jahr, wenn man noch keine Ahnung hat, wo man steht und wie man wo reinkommt. Überhaupt sich mal einen Überblick über das Ganze verschaffen zu können. Wir waren uns vorher gar nicht bewusst darüber, dass solche Strukturen bestehen! Unsere Idee war eigentlich: Dann verkaufen wir mal einen Voltfang, dann verkaufen wir noch einen zweiten,… Der ganzen Struktur drumherum waren wir uns gar nicht bewusst. Dann sind wir einfach mal zu einem Meeting gegangen und haben da andere getroffen. So sind wir da reingekommen. Es hat uns auf jeden Fall geholfen, das Ganze ein wenig professioneller aufzuziehen. Das dauert so zwar ein bisschen länger, aber es bietet viele, viele Vorteile.

 

Das Thema Netzwerk hast du gerade schon angesprochen. Mit eurem Produkt habt ihr ja auch einen bestimmten Markt, den ihr angeht: Photovoltaik und Energiespeicher. Dabei gibt es die Besonderheit, dass es sich um alte Elektroautobatterien handelt. In Brandenburg wird gerade die Gigafactory von Tesla gebaut. Wie wichtig ist euch auch die Nähe zu einem Elektroauto-Produzenten?

Roman: Da muss man ein bisschen aufpassen. Die Automobilhersteller sind auch sehr interessiert an den ganzen Technologien. Sie wollen den Markt der Energiespeicher langfristig auch bedienen. Wir haben schon ein paar Anfragen gestellt. Aber von den großen, deutschen Automobilherstellern haben wir noch keine Antwort bekommen oder es war eher eine ablehnende Haltung zu spüren. Ein bisschen anders sieht es bei den kleinen Herstellern aus. Zum Beispiel mit der Firma e.GO sind wir gerade im Gespräch, die sind ein kleinerer Hersteller von Elektrofahrzeugen. Oder auch mit Gabelstabler-Herstellern. Die benutzen auch Lithium-Ionen-Batterien. Alles, was nicht so in die Masse geht. Mit solchen Herstellern hatten wir bereits Kooperationen. Die Automobilhersteller waren erstmal relativ verschlossen uns gegenüber. Bei Tesla haben wir noch nicht angefragt. Das würde mit dem Umzug natürlich interessant werden.

 

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist beschlossene Sache und hat auf die Region Südbrandenburg und Lausitz starke Auswirkungen. Genau in den Bereich der Energiewende geht ihr mit eurem Produkt rein. Was glaubst du muss noch getan werden, um die Energiewende zum Erfolg werden zu lassen?

Roman: Viel Aufklärung muss noch erfolgen. Die Leute müssen mitgenommen werden. Es müssen Produkte und Möglichkeiten geschaffen werden, die die Leute begeistern. Nicht nur, dass man es macht, weil man es halt muss. Dann ist es schwierig den Rest der Bevölkerung mitzunehmen. Wir sind gerade in einer Szene, in der alle sehr nachhaltig denken und in der die Leute die Energiewende gut finden. Hier kriegen wir auch sehr viel positive Resonanz. Aber genau für die Leute, die es nicht so interessiert, die die Energiewende nicht aus intrinsischer Motivation mit vorantreiben, die muss man auch noch mit holen ins Boot.

 

Wenn wir einen Blick in die Glaskugel werfen: Wo steht ihr mit Voltfang in fünf Jahren?

Roman: Das ist schwierig zu beantworten. Wir hoffen, dass wir dann ein gutes Fundament aufgebaut haben und wir einen Beitrag zur Energiewende und zum Recycling leisten können.

Das ist doch ein guter Ausblick in die Zukunft und schöne Abschlusswort. Vielen Dank Roman für das Interview und euch alles Gute auf dem weiteren Weg!

Das Interview wurde geführt von Josephine Jung (TH Wildau) am 31.08.2020

Bildmaterial: Voltfang