Personas nutzen um Kund*innen greifbar zu machen

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg eines jeden Unternehmens ist, dass sie ihren Markt und ihre Kund*innen verstehen. Viele Unternehmen, auch Startups, fokussieren sich dabei sehr auf Kennzahlen wie bspw. Total Adressable Market. Selbstverständlich sind solche Kennzahlen unabdingbar, um potenzielle Verkaufszahlen und Umsätze grob prognostizieren zu können. Doch auch die individuellen Kund*innen dürfen dabei nicht aus den Augen verloren werden. Schließlich besteht der Markt aus der Summe der Individuen.

Ein tolles Hilfsmittel, um sich die Kund*innen ganz persönlich vor Augen zu führen und sich seinen Zielmarkt zu nähern, ist die Arbeit mit Personas. Auch innerhalb deines Teams unterstützt die Arbeit mit Personas das einheitliche Verständnis der Zielkund*innen.

Die Persona spiegelt typische Schlüsselkund*innen eures Unternehmens wider und sollte diese möglichst genau beschreiben. Es gibt die Möglichkeit mit einer Proto-Persona, also einen Prototypen deiner Kund*innen, zu arbeiten. Dieser Prototyp basiert zunächst nur auf Annahmen über deine potenziellen Kund*innen. Alternativ oder auch ergänzend kannst du auch mit echten Personen arbeiten. Die Persona leitest du dann aus Nutzerinterviews ab, die du geführt hast. Beide Herangehensweisen haben Vor- und Nachteile. Eine Prototyp-Persona ist schnell erstellt, spiegelt aber ggf. nicht die Realität wider, da sie lediglich auf Annahmen beruht. Die Persona auf Basis von Interviews erfordert mehr Arbeit (Interviews müssen geführt und für diese relevante Fragen erkannt und erarbeitet werden!), dafür basiert sie auf echten Daten, was die Wahrscheinlichkeit von validen Annahmen erhöhen kann.

Am Ende steht ein Steckbrief, ähnlich wie du ihn vielleicht noch aus den Freundschaftsbüchern aus Grundschulzeiten kennst. Mit der kleinen Ausnahme, dass statt des Lieblingstieres die Interessen und Verhaltensweisen aufgeführt werden, die für dein Unternehmen relevant sind.

Über den Steckbrief der fiktiven Theresa Schöneberg erfahren wir wichtige Details, die für die ziel(kunden*innen)-genaue Entwicklung der Steuererklärungs-App relevant sind. Werfen wir einen genaueren Blick auf den Steckbrief, so erkennen wir, dass sich dieser in verschiedene Bereiche unterteilen lässt.

Nehmen wir als Beispiel an, dass du eine App zur einfachen Erstellung einer Steuererklärung entwickelst. Eine deiner Personas könnte wie folgt aussehen:

Eye

Die verschiedenen Segmente sind entscheidend, um zu verstehen, was die Bedürfnisse deiner Kund*innen sind und welche Funktionen dein Produkt haben sollte. (Mehr Infos zu den einzelnen Segmenten findest du auch in unserem Beitrag zum Zielmarkt.)
Um genau diese Informationen im Blick zu behalten, kannst du sie noch einmal separat (z. B. mit Post-its) aufschreiben oder farblich hervorheben. Lass uns ein paar Details gemeinsam aus den Infos zu Theresa ableiten:

When you use survey data, it is critical that you not use averages of the collected data to populate your persona. You want your persona to represent a real person and should not design your product for some nonexistent “average” customer.

Olsen, Dan. The Lean Product Playbook: How to Innovate with Minimum Viable Products and Rapid Customer Feedback, S. 43

Die Steuererklärungssoftware hat sicherlich mehr Zielkund*innen als Personen, die exakt die gleichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse wie Theresa Schöneberg haben. Daher kann es nützlich sein, mit mehreren Personas parallel zur arbeiten. Wäre die App vielleicht auch etwas für Student*innen, die noch nie eine Steuererklärung gemacht haben und als „Digital Natives“ womöglich eher zu einer App als zu den Vordrucken des Finanzamts greifen würden? Ein solcher Steckbrief würde sich wahrscheinlich gravierend unterscheiden von Theresas Steckbrief und würde weitere wichtige Schlüsse auf deine potenziellen Zielkund*innen zulassen.

 

Die Arbeit mit Personas bietet auch einige Stolperfallen. Die verwendeten Daten sollten nicht nur möglichst valide sein, sondern auch für das Produkt relevant sein. Bei Theresas Steckbrief könnte man z.B. hinterfragen, warum weitere Interesse wie Outdooraktivitäten aufgeführt sind. Ist das für die Steuererklärungs-App von Interesse und bietet zusätzlich verwertbare Informationen? Anders sieht es bei den Zeitschriftvorlieben aus. Diese bieten gleich Anhaltspunkte für mögliche Werbekanäle.
 Ein zweiter Stolperstein ist, die Personas 1 zu 1 für bare Münze zu nehmen. Die erstellten Steckbriefe bleiben immer nur Abstraktionen von Kund*innen. Auch wenn zuvor Interviews geführt wurden und echte Daten (nicht nur Annahmen) als Basis für die Persona genutzt wurden, muss das tatsächliche Verhalten nicht mit dem beschriebenen Verhalten übereinstimmen. Daher dienen Personas als Orientierungshilfe. Sie können User Testing deines Produkts nicht ersetzen.

Text: Josephine Jung

Quellen:

Jeavons, Brad (2015): Agile Sales. Delivering Customer Journeys of Value and Delight. Routledge Taylor & Francis Group. New York.

Olsen, Dan (2015): The Lean Product Playbook: How to Innovate with Minimum Viable Products and Rapid Customer Feedback, John Wiley & Sons, Incorporated.

Bildmaterial: Unsplash, Elisabeth Kitzerow